Der Konstruktivismus entstand um 1913 in Russland und gilt als eine der großen Kunstströmungen zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Als streng gegenstandslose Stilrichtung besaß er insbesondere für die Entwicklung und Etablierung der abstrakten bzw. konkreten Kunst fundamentale Bedeutung. Basierend auf geometrischem Formenvokabular, reflektiert er einerseits die autonome Wirkung von Farbe und Form, verfügt andererseits über praxisorientierte Tendenzen, welche die neue Ästhetik für gesellschaftliche Aufgaben nutzbar zu machen suchten. http://www.designlexikon.net
Der Begriff Konstruktivismus leitet sich vom lateinischen „construere“ – „aufbauen, errichten, in Verbindung bringen“ ab. Wenn man in der modernen Kunst vom Konstruktivismus spricht, bezeichnet man damit eine Form der künstlerischen Gestaltung, die sich aus kontrollierten Elementen und bestimmten definierten Beziehungen zusammensetzt. Der Künstler konstruiert ein Bild oder eine Skulptur, wobei die Maßeinheiten, d.h. die Relationen der Elemente exakt vorgegeben sind. Oftmals gingen einem konstruierten Werk wochenlange Planungen und mathematische Berechnungen voraus.
Konstruktive Kunst mag manchmal sperrig und etwas trocken anmuten, auch wenn sie sich noch so «konkret» gibt. Nicht anders ist es mit den konzeptuellen Spielarten moderner Kunst, die, wie deren Bezeichnung bereits verrät, den Geist fordern zusätzlich zum visuellen Vergnügen. www.nzz.ch/ 09.09.2010
Jupp Heinz als Konstruktivist
Entsprechend der Kunstrichtung des Konstruktivismus stehen damit Farbe, Fläche und Linie im Mittelpunkt der Arbeiten von Jupp Heinz. Bildelemente, die für sich stehen und nicht Symbol oder Aussage für „etwas anderes“ sein wollen. Wichtiges Ziel der künstlerischen Arbeit: Reduktion auf einfache geometrische Elementar-Formen bei rationaler Gestaltung. So liegen den großen Acrylbilder wie den kleineren Papierarbeiten häufig das Fünf- oder Sechseck, Pentagon und Hexagon, zugrunde. Die Formen durchschneidet er diagonal. Dabei entstehen Segmente, die sich überlagern, in schwebender, transparenter Farbigkeit. Seine Farben sind oft von leuchtender, vitaler Intensität, die sensibel abgestuften Zwischentöne vermitteln Leichtigkeit und Bewegung. In seriellen Kompositionen findet er die Balance zwischen Statik und Dynamik.
(Götzinger, 2007)
In den Schnittprägungen aus Karton – Beispiele neben dem Eingang – zerlegt er geometrische Grundformen in Streifen, wendet sie von der Positiv- in die Negativform. Die Arbeiten zeigen verhaltene Farbigkeit in zartesten Nuancen, dazu treten Licht und Schatten, hervorgerufen durch Schnitte und Prägungen.
Acrylglas-Objekten. Ähnlich wie ein Glasschleifer bearbeitet er das Material, ritzt seine Strukturen und Linienverläufe präzise und exakt ins Material, in dem sich das Licht bricht und schillernde Reflexe entstehen.
(Götzinger, 2007)
Jupp Heinz als „Lyrischer Konstruktivist“
Jupp Heinz - ein lyrischer Konstruktivist Jupp Heinz gehört zu den Konstruktivisten, die diese Kunstform nicht als Rechenexempel betreiben, bei denen sich die
Gestaltung nicht aus dem Kalkül, sondern aus der Sensibilität ergibt. Wie bei seinem Freund und Vorbild Leo Breuer läßt sich auch bei Heinz von einem "lyrischen Konstruktivismus"
sprechen."
(Pohl, 1983)
Jupp Heinz arbeitete in Sequenzen, seine seriellen Kompositionen folgen Prinzipien und Variationen. Skulptural ausgedrückt beherrschte er souverän das Prinzip von Standbein und Spielbein, also von
Planung und freiem Lauf. Obwohl Konstruktivist, hat er in äußerst sensiblem Umgang mit der Farbe eine persönliche Poesie entwickelt, die ihm die Kennzeichnung eines „Lyrischen Konstruktivisten“ eintrug. Geist und Animation von Farbe, die auch in ihrer Klangkraft und in ihrem Leuchtreiz ausgelotet war, bestimmten letztendlich auch die Struktur der Bilder. Seine Bilder scheint man ablaufen zu müssen oder sie bewegen sich scheinbar vor dem Betrachter. Die mitunter stakkatohafte Gliederung der Werke läßt in der Tat an Tonfolgen denken. Durch Nähe und Ferne der Bildelemente ergeben sich Ruhe oder Bewegung. Die Werke von Jupp Heinz vermitteln zwischen Fläche und Raum, sie enthalten Täuschelemente und sind doch bis zum Letzten konkret. Durch Versetzen und Multiplizieren entwickeln sich die Bildform und die Bildfülle.
(Zehnder, 2001)
Kritiken und Besprechungen nennen Jupp Heinz einen „lyrischen Konstruktivisten“, weil er seine Bilder nicht aus dem Kalkül, sondern aus der Sensibilität erarbeitet, wegen der poetischen Kraft und subtilen Farbigkeit. Er selber sagt, dass es ihm ankomme auf leises Verändern, maßvolles Ordnen und gerechtes Material.
(Götzinger, 2007)
Jupp Heinz & Virtuelle Kinetik
"... Würfel, Kuben, Prismen, Scheiben, Stäbe, Bänder und Gitter aus Holz, Kunststoff, Metall fügen sich sensibel-poetisch zu seriellen Feldern oder Reihungen. Die unverwechselbare, "typisch Heinz'sche" Wirkung dieser ebenso strengen wie zart-verletzlichen Arbeiten beruht auf einem virtuosen Dreifacheffekt. Zur farbigen Fassung weniger haptisch greifbarer, denn optisch wahrnehmbarer Elemente, deren Farbwirkung direkt oder über Reflexe abläuft, kommen malerische Schattenwirkung zarter Verläufe bis hin zur Farbtrübung und reale, Veränderungen der Schattenmalerei durch Lichteinfall bewirkende Kinetik oder virtuelle Kinetik mit ihren Bewegung suggerierenden, optischen Täuschungen hinzu.
(Rapp-Neumann, 1987)
Die konstruktivistischen Werke von Jupp Heinz verbinden auf faszinierende Weise über Jahre hinweg Planbild und Relief. Er vermag den Betrachter durch räumliche Irritationen und optische Täuschungen der virtuellen Kinetik zu fesseln. Farbe und Form - nicht Raum - sind für ihn wichtig.
Jupp Heinz entwickelt nach dem Prinzip serieller Modifikation durch Diagonalteilung, durch Versetzen von Winkelflächen, durch geometrische Figuren wie Hexagon und Pentagon oder, wie in seinen neuesten Werken, durch Winkelungen mit Maschendraht seine Arbeiten.
(Rapp-Neumann, 1987)
Jupp Heinz & Klötzchenbilder
Er erzielt kinetische Wirkung, also Bewegungseindruck durch parallel verlaufende Linien oder farbige, plastische Kuben. „Klötzchen“ nannte er sie, mit denen er experimentierte und die damit geschaffenen dreidimensionalen Wandelemente „Klötzchenbilder“. Die scheinbare Bewegung entsteht durch den veränderten Lichteinfall beim Betrachter, wenn der sich vor dem Werk bewegt. Die Bilder erreichen räumliche Wirkung, wechseln zum Relief, er nennt sie auch Raumbilder, gestaltet mit farbigen Holzteilen. Das können Würfel sein, Kuben, Scheiben, Stäbe, Bänder oder hölzerne Reststücke, die er aus einer Zollstockfabrik in der Eifel bezieht, zu erkennen an den schmalen, dünnen Leisten, mit denen er experimentiert. Wie überhaupt das Experiment wesentlich zu seiner Arbeit gehört, das beständige Suchen nach Neuem, Fortentwickeln, Bewegen beim Auseinandersetzen mit Inhalt, Form und Material. Die Reliefs sind die hier am häufigsten vertretene Werkgruppe. Diese kinetischen Kompositionen lagen seinem Herzen wohl am nächsten.
In der Werkgruppe der Drahtbilder schneidet er Gitter aus Maschendraht. Er erzielt neue Farbtöne, indem er die eingefärbten Gitter übereinander legt. Die Farben addieren und durchdringen sich in schwirrenden Überlagerungen mit räumlich wirkenden Schatten.
(Götzinger, 2007)